Die Tradition

Wir haben es geschafft!

Die akademische Kleidung in Form von Robe und Hut („Mortarboard“) ist ein typisches Kennzeichen von Akademikern in aller Welt. Das war auch in Deutschland früher so. Im Zuge der 68er Bewegung ist sie allgemein abgeschafft worden.

Heute ist diese Tradition in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Insbesondere unter dem Einfluss der anglo-amerikanischen Kultur, die zunehmende internationale Kompatibilität der Studienabschlüsse, und dem Wunsch der Studenten (die neidisch auf ihre Kollegen im Ausland schauen) führen deutsche Hochschulen diese Tradition wieder ein. Allerdings mit verändertem Image. Mortarboard und Robe sind nicht mehr staubig bürokratisch sondern eher ein Fun-Faktor: „Hey, wird haben es geschafft!“

Professoren als katholische Gottesdiener

Ihren Ursprung hat diese Tradition im hohen Mittelalter um das 12. oder 13. Jahrhundert. Lerninstitute (Hochschulen) waren damals sehr stark kirchlich beeinflusst, oftmals in Klöstern und zum Teil unter päpstlicher Charta.
Die meisten Studiengänge waren in theologischen oder kirchlichen Themen (neben Jura und Medizin) und die Studenten und Professoren waren katholische Gottesdiener. In Europa war es bis ins frühe 19. Jahrhundert die Regel, dass alle Professoren Geistliche waren. In England wurde erst 1858 ein Gesetz geschaffe wonach Dekane keine Geistlichen mehr sein müssen.

Die schwarze Robe war die Kleidung des Klerus und damit auch die Standeskleidung der Studenten und Professoren an den Universitäten, die diese nicht nur für Feierlichkeiten trugen sondern jeden Tag. Gerüchte besagen, dass es damals in den Hörsälen sehr kalt gewesen sein muss und die warme Kleidung Schutz vor der Kälte bot. In England trugen Professoren die Robe und das Mortarboard bei jeder Vorlesung bis weit nach dem zweiten Weltkrieg!

Die Roben von Oxford und Cambridge

Am berühmtesten sind wohl die Roben der Universitäten von Oxford und Cambridge, die im Jahre 1222 das erste mal erwähnt werden. Diese gehen zurück auf den wohl bekanntesten englischen Kirchenmann im Mittelalter, den Erzbischof von Canterbury Stephen Langton.

Er wollte seine Kirchendiener in seinen Bistum mit einer konformen Uniform ausstatten: die „cappa clausa“, eine weite Robe. Irgendwann bekam die Robe dann eine rein akademische Kleidung. Im Laufe der Zeit fügten manche Universitäten noch eine (Mönchs-) Kapuze, Schärpe und eine Stola hinzu um sich zu differenzieren.

Harvard kopiert

die Robe

Nach Amerika kam die akademische „cappa clausa“ mit den ersten Kolonisten. Harvard und alle anderen frühen Universitäten kopierten sie fast unverändert. Erst im späten 19. Jahrhundert änderte sich Farbe und Stil der Robe. In mehreren Etappen wurde dort versucht die Standards für Bachelor, Master und Doktorgrade zu definieren (das letzte mal im Jahre 1932 durch das American Council on Education). Mehrere Universitäten wichen jedoch von dem vordefinierten Standards ab, so dass es heute eine Vielzahl von verschieden akademischen Trachten gibt. Die Universität Harvard trägt heute beispielsweise die Farbe karminrot und Yale blau. Der akademische Grad definiert sich dort durch den Schnitt der Robe. Die Farbtöne der Kapuze und Stola kennzeichnen den Studiengang.

Unter dem

Nimbus

Zum Ursprung des akademischen Huts gibt es verschiedene geschichtliche Versionen. Im 5. Jahrhundert wurden besonders eminente Personen mit einen quadratischen Nimbus-Hut ausgezeichnet. Es könnte sein, dass sich daraus später das berühmte Mortarboard entwickelte. Sehr modisch sollen diese Hüte in der Zeit der Renaissance zur Zeit der Medici in Florenz gewesen sein. Heimkehrende Studenten von Kunst und Wissenschaft brachten die Tradition in ihre Heimat mit.

Wahrscheinlicher ist es, dass sie ihren Ursprung in dem „pilleus“, oder Birett, einer Filzkappe hat. Es war die beliebtesten Kopfbedeckung des mittelalterlichen klerikalen Laienstands und wurde 1311 das erste mal in den Geschichtsbüchern erwähnt. In der Hutmitte war ein kleiner viereckiger Knopf eingenäht. Dieser wurde im Laufe der Zeit grösser bis er mit einem Brett (trencher, platter, oder Mauererbrett = mortarboard) verstärkt werden musste um nicht dauernd runterzuhängen.

Wahrscheinlich ist auch, dass der Hut von Studenten „mortarboard“ getauft wurde, weil sie messerscharf die Ähnlichkeit mit dem Mauererwerkzeug erkannten. Sei wie es sei, zwei Hutvarianten haben bis heute überlebt. Der weichere Cambridge Hut, der ähnlich aussieht wie ein französisches Beret oder das steifere Mortarboard vom Erzrivalen Oxford. Letzteres wird heute weltweit getragen.

Auf welche Seite

kommt die Quaste?

Die Quaste findet erst seit 1770 geschichtliche Erwähnung. In Nordamerika ist es Brauch diese von rechts vor der Graduierung nach links nach Erhalt des Abschlusszeugnisses zu verlegen. Auf allen offiziellen Abschlussphotos weltweit wird die Quaste links getragen.

Der deutsche

Doktorhut

In Deutschland wird das mortarboard auch „Doktorhut“ genannt. Um das zu erklären ist ein kurzer Ausflug in die akademische Geschichte nötig. In der römischen Antike und in frühen Mittelalter bezeichnete „Doktor“ jeden Lehrer oder Gelehrten. Nach der Schaffung einer Prüfungsordnung im 12. Jahrhundert wird der Titel der Universitätsgrad (Abschluss) synonym mit „Magister“ oder „Lizentiat“ gebraucht. In manchen Ländern ist das auch heute noch so wie z.B. in Italien, wo jeder Student nach seinen Studium ein „dottore“ ist. In dieser Tradition erhielt der Hut seinen Namen und kennzeichnet alle Hochschuldiplomanden.

Vom Foltern

verschont

Zum Schluß noch etwas zum Schmunzeln. Im Mittelalter hatte das Diplom in Deutschland (also damals Doktorgrad genannt) den Trägern die persönlichen Vorrechte des niederen Adels verschafft. So konnten Diplomanten zum Beispiel nicht gefoltert werden. Verleiht das dem Hut vielleicht seine Begehrtheit?